11. Tiny Talk am 10.10.2024, 19:00 – 20:30 Uhr
„…und was haben die schulischen Fördervereine mit dem Ganztag zu tun?“
Peter Gebauer, Vorsitzender des BSFV
im Gespräch mit dem GTSV, Landesverband Hessen
„Alles Große in unserer Welt geschieht nur, weil jemand mehr tut, als er muss.“
Hermann Gmeiner
Der Bundesverband der Kita- und Schulfördervereine e.V., kurz BSFV, wurde 2003 zur Unterstützung des zivilgesellschaftlichen Engagements für Erziehung und Bildung der Fördervereine an Kitas und Schulen gegründet.
Kita- und Schulfördervereine sind immer noch ein verlässlicher Sensor im laufenden Bildungsprozess. Ihre Mitglieder nehmen die Veränderungen im Schulalltag wahr, mit denen sowohl Schule als auch Schülerinnen und Schüler zu kämpfen haben. Sie schließen als verlässlicher Partner und mit ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement, die Lücken der staatlichen und kommunalen Versorgung in der Weiterentwicklung des schulischen Lebensraumes…
Im Austausch mit Euch und unserem Experten Peter Gebauer wollen wir uns mit den Fragen beschäftigen, inwiefern der Ganztag auch die Struktur, Ziele und Ideen der schulischen Fördervereine betrifft. Wie können wir gelingende Kooperationen aufbauen und wie können auch Fördervereine, die nicht die Organisation und finanzielle Verantwortung für den Ganztag haben, diesen unterstützen?
Der 11. TinyTalk wird wieder per Zoom stattfinden, bitte meldet Euch zahlreich an, wir freuen uns auf Euch!
Eure Vorstandsvorsitzenden in Hessen
Stefanie Lange und Christian Bühler
Melden Sie sich bitte hier an: https://eveeno.com/176730435
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Mitteilung und Aufruf zur Beteiligung:
Im Schuljahr 2024/25 bietet ein bundesländerübergreifendes Projekt multiprofessionellen Teams
die Möglichkeit, gemeinsam ein Sprachbildungsvorhaben in den Jahrgängen 3 und 4 zu erproben.
KoPaS – Multiprofessionelle Kooperation und Professionalisierung zur fachbezogenen
Sprachbildung im schulischen Ganztag ist ein BMBF-Projekt zur Schul- und Unterrichtsentwicklung
für Ganztagsgrundschulen in Hessen, Bayern und Berlin. Es verbindet das Ziel der Intensivierung
von Sprachbildung über den ganzen Tag mit dem übergreifenden Thema der Bildung für
nachhaltige Entwicklung. In Hessen wird das Projekt von Prof. Dr. Ilonca Hardy am Standort der
Goethe-Universität Frankfurt vertreten.
Bildungssprachliche Kompetenzen sind grundlegend für den Bildungserfolg. Im Sinne einer
durchgängigen und vernetzten Sprachbildung stehen Lehr- und Fachkräfte dabei vor der Aufgabe,
geeignete sprachliche Unterstützungsmaßnahmen systematisch und fächerübergreifend zu
gestalten und formales und informelles Lernen miteinander zu verknüpfen. Dabei sollten auch
mehrsprachige Ressourcen der Schüler:innen berücksichtigt werden. Hier finden Sie Informationen
zum Projekt in Kürze:
https://www.uni-frankfurt.de/134897003/
KoPaS_Multiprofessionelle_Kooperation_und_Professionalisierung_zur_fachbezogenen_Sprachbild
ung_im_schulischen_Ganztag
Gesucht werden engagierte Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte aus ganztägig arbeitenden
Grundschulen in Hessen, die im Schuljahr 2024/25 im Unterricht bzw. im Nachmittagsangebot des
schulischen Ganztags in der 3. oder 4. Jahrgangsstufe tätig sind und mit uns gemeinsam zur
Weiterentwicklung der durchgängigen Sprachbildung beitragen möchten. Die Teilnahme am Projekt erfolgt als Lehrkraft-Fachkraft-Tandem und je Schule nehmen idealerweise drei Tandems teil.
Kernstück des Projekts sind neu entwickelte und erprobte Unterrichtsmaterialien aus dem
Themenfeld „Bildung für nachhaltige Entwicklung“, die sich als Grundlage für die fachbezogene
Sprachbildung im Unterricht und weiteren Bildungselementen eignen und bewusst
außerschulische Lernorte einbeziehen. Die Wirksamkeit der Unterrichtsmaterialien und
Fortbildungen wird durch begleitende Erhebungen, Befragungen und Unterrichtsvideographien
evaluiert. Die Schulen werden bei ihrer Schulentwicklung und nachhaltigen Nutzung der
Materialien unterstützt.
Hier finden Sie eine Broschüre mit ausführlichen Informationen und Kontaktdaten zum Projekt:
https://www.sag-berlin.de/wp-content/uploads/2024/02/KoPaS_Broschuere.pdf
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Nach dem TinyTalk ist vor einem TinyTalk....
Der 10. Tiny Talk fand am 21.03.2024 statt, zum Thema „ Teilhabeassistenten im Ganztag“
„Chancengleichheit besteht nicht darin,
dass jeder einen Apfel pflücken darf,
sondern dass der Zwerg eine Leiter bekommt.“
Reinhard Turre
THAs, die Teilhabeassistenten, spielen in Schulen eine große Rolle. Und oft sind ihre Rollen wenig
geklärt. Dürfen / können sie mit in den Ganztag und vor allem - werden die Kosten übernommen?
Mal ja, mal nein – das ist in jedem Schulamtsbezirk anders.
Welche guten Ideen gibt es, um auch hierbei den Vor- und Nachmittag zu verknüpfen? Was wäre,
wenn THA und Pädagogisches Personal von einem Träger kämen und auch von ihm gesteuert
würden?
Diese Ansätze wurden mit Anne Brücher, Regionalleitung Jugendhilfe und Schule, Landkreis
Darmstadt-Dieburg und Odenwaldkreis der AWO Perspektiven gGmbH diskutiert. Sie konnte vieles
aus Trägersicht erläutern und dabei auch die Bezüge zum Ganztag einbeziehen und mitdenken! Ein
Glücksfall für ein anderes Denken, um Strukturen zu verstehen und vielleicht in eine andere
Richtung zu lenken.
Fast 40 Interessierte hatten sich angemeldet, haben sich eingebracht.
Für mich war die wichtigste Erkenntnis, dass wir voneinander lernen sollten und die Schulen fragen
können, die diese Konzepte schon lange implementiert haben: die Schulen für Geistige
Entwicklung.
Und wir nehmen den Auftrag ernst, das Thema THA regelmäßig zu besprechen, um miteinander
hessenweit in der Diskussion zu bleiben. Allen Teilnehmer:innen herzlichen Dank!
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„Die Kunst des Fortschritts besteht darin, die Ordnung inmitten des Wandels zu bewahren und den Wandel inmitten der Ordnung zu bewahren.“
Alfred North Whitehead
Ein kurzer Jahresrückblick:
Der 6. TinyTalk des Ganztagsschulverbandes Hessen fand Februar 2023 statt. Zwei Mitglieder der „Bundesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien, nicht konfessionell gebundenen Ausbildungsstätten e.V.“ - der Fachschulen und Fachakademien für Sozialpädagogik haben über das Thema “Was können (Grund-)schulen dazu beitragen, Erzieher*innen gut auszubilden?“ referiert.
Im Mai haben wir unter dem Titel „Verbände verbinden“ den 7. TinyTalk mit Nadine Wacker und Kati Sesterhenn vom Hessischen Jugendring gestaltet. Wir sprachen darüber, wie eine vielfältige ganzheitliche Bildung und die Öffnung der Ganztagsschule in den Sozialraum miteinander in Einklang gebracht werden könnten.
„…und was lernen die LiV über den Ganztag?“, das war die Frage im 8. TinyTalk mit Kathrin Hofmann vom Studienseminar GHRF Darmstadt-Dieburg. Wir diskutierten über die Erfahrungen der LiV über das Unterrichten in ganztägigen Strukturen, die Rhythmisierungsmöglichkeiten, die erweiterten Lehr- und Lernformen und schließlich auch über die Möglichkeiten der Teamarbeit bis hin zum Teamteaching.Im November wurde das Thema nochmal von Silke Topf vom Studienseminar Gymnasium Offenbach vertieft, die ebenso der Frage nachging, was die LiV des Gymnasiums über den Ganztag lernen. Auch hier wurde klar, dass die LiVs durch Vorbild und gute schulische Strukturen lernen. Unterstützung erhielt sie von Martin Grieben von der Carl-von-Weinberg-Schule, der den strukturierten Ganztag seiner Schule erläuterte.
Auch dieses Jahr haben wir uns sehr bei der Durchführung des Bundeskongresses in Bremen engagiert. Es war ein spannender Kongress mit vielen neuen Eindrücken, interessanten Menschen, guten Gesprächen und wichtigen neuen Impulsen!
Diese Kongresse werden durch die Mitglieder getragen, daher hier an dieser Stelle die freundliche Aufforderung: Werden Sie Mitglied und gestalten Sie mit uns einen guten, sinnvollen Ganztag mit! Nur wenn wir alle gemeinsam Denken, uns austauschen, Strukturen erproben und Lösungen finden, dann kann ein qualitätvoller, gut gestalteter Ganztag entstehen.
Hier finden Sie die Anmeldungen: https://www.ganztagsschulverband.de/mitgliedwerden Und eine weitere wichtige Information: Bei Fragen und Gesprächsanlässen rund um den Ganztag sind wir jederzeit für Sie ansprechbar! Unter https://www.ganztagsschulverband.de/landesverbaende/hessen/vorstand.html finden Sie die Kontakte und Telefonnummern. Scheuen Sie sich nicht, uns zu kontaktieren!
Der Ganztagsgedanke wird auch im nächsten Jahr wichtig sein, wir werden Sie immer wieder zu unseren TinyTalks einladen! Wir freuen uns auf Sie und den Austausch mit Ihnen!
Wir wünschen Ihnen eine besinnliche, friedliche Weihnachtszeit mit Ihren Familien!
Weiterhin viel Gesundheit und ein erfolgreiches, schönes Neues Jahr 2024!
Bis bald!
Viele Grüße
Ihr Vorstand des Ganztagsschulverbandes, Landesverband Hessen
Stefanie Lange
Christian Bühler
Ingrid Hoin-Radkovsky
Susanne Johann
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Pressemitteilung: Bündnis veröffentlicht Appell „Für einen kindgerechten Ganztag in Hessen“
28. Juni 2023 | Der Ganztagsschulverband, Landesverband Hessen richtet zusammen mit einem breiten Bündnis aus Trägern der Jugendhilfe, Verbänden und Vereinen sowie zahlreichen Wissenschaftler_innen einen Appell an den Hessischen Kultusminister Prof. Dr. Alexander Lorz (CDU), den Hessischen Sozialminister Kai Klose (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und die hessischen Kommunen..
Darin fordern die Bündnispartner_innen eine kindgerechte Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung. Es sei, so der Appell, „dringend erforderlich, dass die altersgemäßen Bedürfnisse von Kindern im Grundschulalter zum Ausgangspunkt der fachlichen und politischen Debatte werden”. Sie fordern, dass die Kinder- und Jugendhilfe als substantielle Gestalterin des Rechtsanspruchs auch auf Landesebene in den politischen Prozess der Konzeption und Planung miteinbezogen wird.
Der zukünftig quasi flächendeckende Ganztag für Grundschüler_innen muss einen positiven Beitrag zur persönlichen Entwicklung eines jedes einzelnen Kindes leisten. Des Weiteren soll der Ganztag durch ein hochwertiges, inklusives und kostenfreies Bildungsangebot einen wesentlichen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit leisten. Der Appell betont zudem, dass Kinder auch zukünftig Freiräume außerhalb von Ganztagsschule oder Ganztagsförderung brauchen..
Die Bündnispartner_innen fordern jetzt umfassende landes- und kommunalpolitische Initiativen, um das große Potenzial einer kindgerechten Ganztagsbildung in Hessen zu nutzen..
Der vollständige Appell und weitere Informationen: www.kindgerechter-ganztag.de..
Liste der Bündnispartner_innen: https://kindgerechter-ganztag.de/#Buendnis.
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„Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun.“ Mahatma Gandhi
Ein kurzer Jahresrückblick auf 2022 des Landesverbandsvorstandes
Unser 1. TinyTalk war als Neujahrsempfang konzipiert und fand am 17. Februar 2022 statt. Der neue Vorstand stellte sich vor und gab den anwesenden Mitgliedern eine Übersicht und holte erste Aufträge für aktuelle Themen ab. An diesem Themenspeicher sollen die Inhalte der kommenden TinyTalks orientieren.
Am 7. April 2022, zum 2. TinyTalk, wurde jedoch anlässlich des Ukraine-Kriegs und der damit einhergehenden Flüchtlingswelle das wichtige Thema „Kleine und große Menschen in Krisen begleiten“ eingeschoben. Die teilnehmenden Mitglieder haben sich gut ausgetauscht und viele Ideen zu einer gelingenden Willkommenskultur mitnehmen können.
Im 3. TinyTalk konnte unter dem Motto „…und vor allem brauchen wir noch mehr qualifiziertes Personal“ auf ein Thema des Themenspeichers zugegriffen werden. Dr. Udo Diedrich von der Volunta Hessen berichtete über die Qualifizierungsreihe der Pädagogischen Mitarbeiter*innen des Pakts für den Nachmittag im Landkreis Darmstadt-Dieburg, die keine pädagogische Ausbildungserfahrung mitbringen. In 6 Modulen setzen sich die Pädagogischen Mitarbeiter*innen mit vielen Feldern der Pädagogik und Entwicklungspsychologie auseinander, die die Grundlage des Pädagogischen Handelns mit Kindern und insbesondere Grundschulkindern bilden.
Darauf baute der 4. TinyTalk, am 29. September 2022 auf, in dem Dr. Volker Titel und Dr. Anna-Maria Seemann die in Hessen beginnende Weiterbildung „Fachpädagogin für Ganztagsschulen“ der Akademie für Ganztagsschulpädagogik vorstellten. Das große Interesse an dieser Weiterbildung zeigte nochmals deutlich die Dringlichkeit, anerkannte Qualifizierungsmöglichkeiten für pädagogisches Personal, gerade in Hinblick auf den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung 2026, zu schaffen.
Um über die wichtigste Grundlage, die Finanzierung des Ganztags, einen Überblick zu erhalten, hat Nadja Zoch am 1. Dezember 2022 im 5. TinyTalk ausgeführt, was ein „Paktkind“ im Jahr im Pakt für den Nachmittag (bis 14.30 Uhr) kostet. In diesem TinyTalk konnte deutlich gespürt werden, dass die in Leitung befindlichen Verantwortlichen (Schulleitung, Ganztagskoordination) sich noch nicht näher mit den grundlegenden Kosten auseinandergesetzt haben. Vielleicht konnte hier ein Anstoß gegeben werden, sich mit diesem wichtigen Thema zu beschäftigen.
Der 6. TinyTalk des Ganztagsschulverbandes Hessen wird am Donnerstag, 23. Februar 2023 von 19.00 Uhr bis 20.30 Uhr stattfinden – Save-the-date!
Eingeladen ist die Vorstandssprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien, nicht konfessionell gebundenen Ausbildungsstätten e.V. - der Fachschulen und Fachakademien für Sozialpädagogik. Was können (Grund-)schulen dazu beitragen, Erzieher*innen gut auszubilden?
Mit dem TinyTalk haben wir eine Nische gefunden, über die man sich wunderbar unkompliziert austauschen kann. Wir werden diese TinyTalks weiterführen und hoffen immer wieder Referent*innen zu finden, die gute Impulse für die Ganztagsschularbeit geben können.
Unser Vorstand ist übereinstimmend der Überzeugung, dass zurzeit viele kleine Austauschmöglichkeiten besser sind als ein großer hessischer Fachtag. Daher haben wir uns sehr bei der Durchführung des Bundeskongresses in Leipzig engagiert. Auch Sie als Mitglieder scheinen das so zu sehen – Hessen war das teilnehmerstärkste Bundesland! Vielen Dank dafür!
Diese Kongresse werden natürlich durch die Mitglieder getragen, daher hier an dieser Stelle die freundliche Aufforderung: Werden Sie Mitglied und gestalten Sie mit uns einen guten, sinnvollen Ganztag mit! Nur wenn wir alle gemeinsam Denken, uns austauschen, Strukturen erproben und Lösungen finden, dann kann ein qualitätvoller, gut gestalteter Ganztag entstehen.
Hier finden Sie die Mitgliedsanträge: https://www.ganztagsschulverband.de/mitgliedwerden
Und eine weitere wichtige Information: Bei Fragen und Gesprächsanlässen rund um den Ganztag sind wir jederzeit für Sie ansprechbar! Unter https://www.ganztagsschulverband.de/landesverbaende/hessen/vorstand.html finden Sie die Kontakte und Telefonnummern. Scheuen Sie sich nicht, uns zu kontaktieren!
Der Ganztagsgedanke wird auch im nächsten Jahr wichtig sein, wir freuen uns auf Sie und den Austausch mit Ihnen!
Wir wünschen Ihnen eine besinnliche, friedliche Weihnachtszeit mit Ihren Familien!
Weiterhin viel Gesundheit und ein erfolgreiches, schönes Neues Jahr 2023!
Viele Grüße
Eure Vorstandsvorsitzenden in Hessen
Stefanie Lange und Christian Bühler
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Online-Fachtagung des Landesverbandes Hessen
Unsere Fachtagung ist vorüber, 129 Teilnehmer*innen waren online und Sie erhalten hier die versprochenen Informationen und Kontaktdaten. Soweit uns die Mailadressen der Workshopleiter*innen zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt wurden, sind diese über einen Klick auf den Namen per Mail erreichbar. Die Materialen erhalten Sie im direkten Kontakt mit den Workshopleiter*innen oder über einen Downloadlink beim entsprechneden Workshop / Vortrag.
Thema: Bildung braucht jetzt den Ganztag!!!
- Die gegenwärtige Bedeutung ganztägiger Bildung in der Sek I. (Leitung: Dana Birk-Trieb und Christian Bühler)
- Die gegenwärtige Bedeutung ganztägiger Bildung in der Grundschule (Leitung: Stefanie Lange / Susanne Johann)
- Medien-Bildung im Ganztag, (Dr. Volker Titel, AfG)
- Das Konzept der Ganztagsklassen an der Leibnizschule, Gymnasium in Offenbach, (Matthias Schäfer/ Julia Höflich/ Christian Bühler)
- School Life Balance“ – wie kann Ganztagsschule zur mentalen, physischen und psychischen Gesundheit beitragen? (Dr. Roman George, GEW)
► Präsentation - Der „Darmstädter Weg“ - ein „Silberstreif“ am hessischen Ganztagsschul-Horizont: Neu durchkalkuliert und praxiserprobt (Dr. Walter Schnitzspan/ Bildungsbeirat Weiterstadt, Manfred Schiwy/ Schulleiter i.R., Gerhard Kraft/ Schulleiter i.R.). Die Materialien wurden bereits an die Teilnehmer*innen versandt. Schauen Sie auch in Ihren SPAM-/Junkordner.
- Kooperationsfeld "Schule und Verein" - eine wichtige Brücke zum Wiedereinstieg für Kinder und Jugendliche (Stephan Schulz-Algie, Sportbund Hessen)
- #BewegungJETZT - das Starterpaket zum neuen Schuljahr. Alexander Jordan, Zentralstelle für Schulsport und Bewegungsförderung (ZFS)
Rede des Vorsitzenden, Dr. Guido Seelmann-Eggebert:
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen aus den Schulen und aus der Bildungsverwaltung, liebe pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, liebe Erzieherinnen und Erzieher der Horte und schulischen Einrichtungen, liebe Kooperationspartner, liebe Referentinnen und Referenten.
Im Namen des Ganztagsschulverbandes HESSEN darf ich Sie zu der heutigen erstmaligen Online- Fachtagung recht herzlich begrüßen und freue mich darüber, dass wir auch diesmal ca. 200 Anmeldungen entgegennehmen konnten. Es sind alle Schulformen hier vertreten von der Grundschule über KGS/IGS, Förderschulen, HR-Schulen und auch einige Gymnasien, Vertreter*innen der Schulverwaltung, der städtischen und Staatlichen Schulämter, der Studienseminare Hessens, Vertreter der Caritas, ASB u.a. aber auch sechs Teilnehmer*innen der Deutschen Schule in Valencia/Spanien, was mich besonders freut, weil ich diese Stadt liebe. Es muss sicher ein Vergnügen sein, dort zu arbeiten, wo es die beste Paella von Spanien gibt.
Inzwischen ist die jährlich stattfindende Fachtagung des hess. Ganztagsschulverbandes an unterschiedlichen Orten und unterschiedlichen Schulen und diesmal als virtuelle Fachtagung zu einem beliebten Treffpunkt von im Ganztagsbereich tätigen Fachexperten geworden. Darüber hinaus zeigen die Anmeldezahlen, dass der Bedarf nach Informationen und Austausch hinsichtlich der Ganztagsschulentwicklung in Hessen sehr groß ist. Die Teilnehmer*innen kommen aus ganz Hessen und teilweise auch aus anderen Bundesländern, um sich auszutauschen, Neues zu erfahren aus Theorie und Praxis.
Als wir vor 1 ½ Jahren das Thema ›Gesunde Schule‹ gewählt hatten, wussten wir noch nicht, was auf uns zukommt vor einem Jahr, das schließlich zur Absage der gesamten Fachtagung führte. Aber das richtige Thema hatten wir schon gewählt. Allerdings mit anderen Schwerpunkten.
Warum braucht Bildung den Ganztag jetzt, wie der Titel unserer Fachtagung heißt. Es ist ein Schrei, ein Aufruf an die politischen Verantwortlichen, jetzt schnellstens die Voraussetzungen zu schaffen, um die Ganztagsschule wieder für alle Kinder einzuführen. Wiedereinführen soll heißen, den ›Notbehelf‹, der jetzt schon seit über 100 Jahren in Deutschland vorherrscht, nämlich die Halbtagsschule, endlich zu beenden.
Der Chefredakteur des Wiesbadener Kuriers schrieb kürzlich in einer Kolumne:
„Dabei wird es allerhöchste Zeit, Kita- und Schulbetreuung so schnell und so umfassend wie möglich auf Ganztagskonzepte umzustellen. Mitnichten nur, um die Eltern zu entlasten. Ein immer größerer Anteil der Kinder rutscht am Nachmittag in die Abhängigkeit des digitalen Daddelns – insbesondere die Jungens. Für beide Probleme gibt es kein besseres Gegengift als Ganztagsschule. Noch besser als der Rechtsanspruch auf Ganztag wäre freilich die Ganztagsschule als Regelschule bis Klasse 9 für alle.“
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Die Pandemie hat aber auch deutlich gemacht, wie sehr Kinder und Jugendliche die Schule nicht nur als Ort des Lernens, sondern auch als Ort der sozialen Beziehungen benötigen.
Allerdings hatte Kultusminister Prof. Lorz in einer Presseerklärung kürzlich deutlich gemacht:
„Statt einer verpflichtenden Ganztagsschule für alle setzen wir auch weiterhin auf eine Vielfalt freiwilliger Ganztagsangebote. Dadurch kommen wir dem Wunsch vieler Eltern nach einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf immer stärker nach und sind schon jetzt gut vorbereitet auf den voraussichtlich ab dem Jahr 2026 geltenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Grundschulkinder.“
Nirgendwo, wie in Deutschland, wie es uns die OECD immer wieder predigt, hängt in Europa der Erfolg in der Schule vom Elternhaus ab. Es zeigt die Tatsache, dass der Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungschancen im reichen Deutschland ungebrochen weiter besteht, wie zuletzt die PISA-Studie zeigten. Kindern aus schwierigen sozio-ökonomischen Verhältnissen erschwert dies den Bildungsaufstieg.
Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), hat am 11.8 21 in einem Interview festgehalten:
„Die soziale Vererbung von Bildungschancen ist in Deutschland immens, der Anteil von Bildungsarmen weiter hoch. Die Ballung in bestimmten sozialen Räumen wird immer massiver. Noch immer werden ungleiche Ausgangslagen durch das Bildungssystem verstetigt, wenn nicht verschärft. Verschärft durch unzureichend ausgestattete Schulen, unzureichende Personalstrukturen, mangelnde Gestaltungsmöglichkeiten der Schul- leitungen. Angesichts der vielen Folgen unzureichender Bildung für den gesamten Lebensverlauf unserer Kinder ist das ein Drama.“
Allmendinger fordert, dass neben dem Sofortprogramm des Bundes, das helfen soll, durch Schulschließungen entstandene Schäden zu reparieren, brauche es einen auf Prävention ausgerichteten Umbau unseres Teilhabe- und Sicherungssystems. So heißt es:
„Die Reform unseres Bildungs- und Teilhabegesetzes, das Recht auf Ganztag, inklusive Beschulung, multiprofessionelles Personal an unseren Schulen und der Mut, ungleiche Voraussetzungen unserer Kinder mit ungleichen Maßnahmen zu begegnen, machen unser Bildungssystem besser und auch krisenfester.“
Der Erziehungswissenschaftlicher Klaus Zierer sagte kürzlich in einem Interview, dass bei den Öffnungsstrategien der Schulen ein Masterplan fehle. Es benötige klare Konzepte, um Lernrückstände aufzufangen. Langfristig stünden dabei die Demokratie und die Wirtschaft Deutschlands auf dem Spiel. Langfristige Konzepte gebe es überhaupt nicht, so Zierer. Man hat hier viel Zeit verloren.
Lassen Sie mich zum weiteren Verständnis einige Worte zur Schulgeschichte sagen.
Vor 101 Jahren, also im 1920 hat der damalige preußische Kultusminister in einem Erlass verfügt, dass auch Grund- und Volkschulen in Preußen und damit auch in Hessen, den NU, also die bis dahin bestehende Ganztagsschulen, abschaffen können, wenn die Eltern einer Schule dem zustimmen. Der Erlass muss unter der Not des 1. Weltkrieges verstanden werden. Es gab wenig Lehrer und wenig Schulraum. Das kommt uns auch heute irgendwie bekannt vor.
Als vor über 100 Jahren schrittweise die Halbtagsschule in Deutschland und auch in Hessen eingeführt wurde, gab es damals schon Kritiker dieser Entwicklung:
So fragte z.B. der Schulleiter Schotten aus Mecklenburg schon 1890 in einem Beitrag:
„Ist die Speisung des Geistes denn thatsächlich so ganz anders geartet als die des Leibes, daß man alles Futter hintereinander zu verabreichen für richtig hält, während man doch bei der leiblichen Speise eine Verteilung über den Tag für gut erachtet und lange Pausen zwischendurch der Gesundheit zuträglich sind?“
Ein bemerkenswerter Vergleich.
Der Reformpädagoge Hermann Lietz bot vor über 100 Jahren die Erziehungsschule auch in Tagesform an. Damit entfällt das Abendprogramm der Internatsschule. In der Tagesschule sieht er vor allem auch eine Entlastung der Eltern, wobei die Tagesschule eng mit ihnen zusammenarbeiten soll. Deutlich kritisierte er die Entstehung des ›ungeteilten‹ Unterrichts, also der Halbtagsschule, vor allem an Gymnasien in den großen Städten, und wies auf die Probleme hin, die vor allem auf die Mütter zukommen.
„Denn, o Mütter, gesteht Euch’s nur offen: was wollt ihr denn eigentlich nachmittags mit Euren Jungen im Hause und auf der Straße? […] Indem ihr Euere Kinder möglichst viel um Euch habt, entfremdet Ihr sie Euch meist.“
Interessant ist dabei, dass die StEG-Studie von 2010 deutlich macht, dass Kinder sich mit ihren Eltern besser verstehen, wenn sie mehrfach in der Woche an den Ganztagsangeboten einer Schule teilnehmen. Weiter heißt es bei Lietz:
„Doch wenn abends die Kinder aus Garten, Werkstätte, Wald […] zurückkehren, hat ihre Leidenschaft sich abgekühlt. Da sind sie denn so zahm, daß man gerade Eure weibliche Sanftmut und Milde leicht mit ihnen fertig wird.“
Die Halbtagsschule war von Beginn an eine Notlösung, ein Notbehelf, wie man vor über 100 Jahren sagte. Sie konnte sich vor allem durchsetzen, weil der Kaiser Wilhelm II auf der Reichsschulkonferenz von 1890 gefordert hatte, den Nachmittag von Unterricht frei zu halten, damit die Kinder das Exerzieren lernen und sich sportlich ertüchtigen in Vorbereitung kommender Kriege.
Es gab viele Warnungen vor dem Schritt in die Halbtagsschule, sie blieben aber weitgehend unbeachtet. Der Übergang zur Halbtagsschule in Hessen aber auch in Deutschland war eine bildungspolitische, pädagogische und sozialpolitische Fehlentwicklung, mit der wir uns heute noch herumschlagen. Die Kürzung der Unterrichtsstunde von 60 auf 45 Minuten hat zu einem deutlichen Verlust an Lernzeit von erheblichen Ausmaßen geführt.
Warum eine pädagogische Fehlentwicklung?
Eine über viele Jahrhunderte lange Erfahrung mit einer Verteilung des Unterrichts auf Vor- und Nachmittag hat deutlich gemacht, dass Lernen sich auf den gesamten Tag verteilen sollte. Das Zusammendrängen des Unterrichts auf den Vormittag hat das lange bewährte Rhythmisierungskonzept zerstört.
Der Psychiater Richard Kraft-Ebing plädierte vor 150 Jahren daher auch aus gesundheitlichen Gründen für eine Verteilung des Unterrichts auf Vor- und Nachmittag, wenn er schreibt:
„Auf 2 - 3 Stunden geistigen Arbeitsstunden sollte eine Erholungspause folgen. Ein Schüler, der 4 Stunden hintereinander zu leisten hat, leistet weniger und ist mehr angestrengt, als der, welcher sein Pensum auf Vor- und Nachmittag mit Zwischenpausen einteilen kann...Die wenigsten Menschen sind imstande, länger als 3 Stunden angestrengt geistig zu arbeiten.“
Eine interessante Äußerung, die auch heute Gültigkeit hat, wenn es um Fragen der richtigen Rhythmisierung geht. Prof. Paulus von der Uni Oldenburg schrieb bereits 2010:
„Ganztagsschulen verfügen durch den Zugewinn an Raum, Zeit und Kooperation über ein besonderes Potential und können die Entwicklung ihrer Schüler*innen positiv beeinflussen.“ „Für den Lern-, Lebens- und Arbeitsort Schule ergibt sich daraus [an Ganztagsschulen] nach Paulus die Notwendigkeit der zeitlichen Neustrukturierung des Tagesablaufes nach Konzepten der inneren und äußeren Rhythmisierung.“
Ein Busfahrer muss heute nach spätestens 4,5 Stunden eine mindestens 45 – minütige Pause einlegen. Ein bis zu 6-stündiger Unterricht am Vormittag ist nicht nur für die Schüler*innen eine Zumutung, sondern auch für den/der unterrichtenden Lehrer*in. 60% aller Lehrerinnen und Lehrer seien daher auch heute gesundheitlich gefährdet. „Unübliche hohe Erkrankungszahlen und Frühpensionierungen zeichnen den Berufsstand aus,“ hält Prof. Olaf-Axel Burow mit Hinweis auf die Potsdamer Lehrerstudie von 2005 fest. In der Forderung nach einer ›Gesunden Schule‹ sind viele Elemente einer rhythmisierten Ganztagsschule in gebundener Konzeption enthalten. Ein ›rhythmisierter Tagesablauf‹ mit Phasen der Unterrichtsunterbrechung und längerer Pausen hätte sicher einen förderlichen Einfluss auf die Lehrergesundheit und die Aufmerksamkeit von Kindern und Jugendlichen. Ruheräume und Arbeitsplätze können ebenfalls einen günstigen Einfluss auf die Lehrergesundheit haben. Die Lehrergesundheit hat aber eine zentrale Bedeutung für einen guten Unterricht.
Die Mehrheit der bundesdeutschen Eltern befürwortet laut Ifo-Institut die gebundene Ganztagsschule und wünscht sich eine flächendeckende gebundene Ganztagsschule, vor allem dann, wenn die verpflichtende Teilnahme besonders an Grundschulen nicht zu spät, etwa gegen 15.00 Uhr endet, mit anschließender Betreuungsmöglichkeit, wo sie gebraucht wird.
Es gibt ja noch Widerstände gegen die rhythmisierte und gebundene Ganztagsschule, vor allem aus konservativen Kreisen und Parteien, aber auch einer Elternschaft, die eine Verbesserung von Bildungsgerechtigkeit durch die Ganztagsschule befürchten, es könnte ja zum Nachteil der eigenen Kinder sein, ohne dabei die Folgekosten zu berücksichtigen, die durch fehlende und mangelhafte Bildung für Kinder aus bildungsfernen Schichten auch für die kommende Generation entstehen Aber auch aus Lehrerkreises kommt Widerstand. Teilweise sicher nachvollziehbar, weil die Voraussetzungen in personeller Hinsicht und der notwendigen Ausstattung von Schulen oftmals nicht gegeben sind. Teilweise aber auch aus Furcht vor dem Verlust frei verfügbarer Zeit am Nachmittag oder auch aus grundsätzlicher Angst vor Veränderungen. Der norwegische Schulentwickler Per Dalin urteilte aber schon in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts: „Schulen ändern sich langsamer als Kirchen!“
Unter gesundheitlichen Aspekten ist die Ganztagsschule ein großer Vorteil für die Lehrerschaft, weil der enorme Zeitdruck am Vormittag der Halbtagsschule gemindert wird. Nicht nur Kinder, sondern auch die Lehrer profitieren von einer gesundheitsfördernden Rhythmisierung des Tagesablaufs.
Unser heutiger Gast Prof Olaf-Axel Burow macht auch darauf aufmerksam, dass Lehrer sich oftmals überfordert fühlen. Dies gelte offensichtlich für alle Schulformen. Die Ganztagsschule biete jedoch mehr Möglichkeiten, den Schulalltag positiv zu erleben und eine wertschätzende Schule zu gestalten.
Im Rahmen einer Befragung von Lehrkräften zeigte sich, „dass Lehrkräfte an Ganztagsschulen im Wesentlichen keine anders geartete Belastung erleben als an Halbtagsschulen. Auch die Beanspruchung ist vergleichbar ausgeprägt [...] und der Austausch, als eine Form der Lehrerkooperation, [hat] einen positiven Effekt auf die subjektiv wahrgenommene Belastung.“
Die Lehrerschaft hatte mit allen zur Verfügung stehenden Mittels den freien Nachmittag an höheren aber auch an Volksschulen durchgesetzt, ohne Rücksicht auf die vorgetragenen Gegenargumente. Sie hatten in Kauf genommen, dass der gesamte Unterricht auf den Vormittag gezwängt wurde mit nachteiligen Folgen für die Schüler aber auch für die Lehrer. Dabei ist, wie der ehemalige Vorsitzende der GEW, Dieter Wunder, vermerkt,
„der Arbeitsalltag einer Ganztagsschule (ist) für Lehrpersonen angenehmer als an einer Halbtagsschule. Die Belastungen anstrengenden Unterrichts verteilen sich besser, ein Teil der Pflichtstunden besteht nicht in Unterricht, sondern in Aufgabenaufsicht, in Mittagspauseaufsichten und Hobby- und Freizeitangeboten. Der Alltag wird abwechslungsreicher, der Dauerstress des Unterrichtsvormittags verschwindet.“
Folgen der Pandemie - Situation in Hessen während der Pandemie
Ich möchte an dieser Stelle nicht die Versäumnisse der letzten 1 ½ Jahre aufzählen, sondern es bei einem Statement des neuen Vorsitzenden des LEB, Herr Volkmar Heitmann belassen, der in einem Interview mit dem WK auf die Frage, welche Schulnote er dem Kultusministerium nach eineinhalb Jahren Pandemie geben würde, folgendes sagte:
“Eine konkrete Note würde ich nicht nennen, allein schon aus pädagogischen Gründen. Es wäre mit Sicherheit aber keine gute Note. Ich würde von einer pädagogischen Versetzung sprechen.“
Vor allem die Schließung der Schulen habe nicht nur zu Lernrückständen, sondern auch zu vielfältigen sozialen und psychischen Problemen bei Schülerinnen und Schüler geführt. Stress ist ein wachsendes Problem an Hessens Schulen: Jedes sechste Kind leidet darunter, sagt eine Studie. Nach einer Befragung von mehr als 50 000 Schülern in Hessen auf einem Fach-kongress in Gießen vor einigen Wochen hat die Landesschülervertretung einen umfangrei-chen Forderungskatalog zusammengestellt. Er zielt darauf ab, die wachsenden psychischen Probleme der Schüler gezielt anzugehen. Nach der Erhebung haben mehr als die Hälfte der Mittelstufen- und gut 60 Prozent der Oberstufenschüler unter Schulstress und Schlimmerem zu leiden.
Neben Mobbing und Cybermobbing machen die Schülervertreter auch den zunehmenden Leistungs- und Notendruck in den Schulen für Schlafstörungen, Burnout, Depressionen und andere Symptome dieser Art verantwortlich. Manche Schüler setzten sich selbst unter Druck und machten Hausaufgaben bis Mitternacht oder lernten so lange für Klassenarbeiten.
Eine Forderung auf dem Kongress war daher, Hausaufgaben durch gemeinschaftliches Lernen nach dem Unterricht zu ersetzen, am besten noch innerhalb der Schule. Eine Forderung, die man durch die Einführung der Ganztagsschule in Form von Lernzeiten gut umsetzen kann.
Ganztagsschule ist nicht die Fortsetzung der Halbtagsschule auf den gesamten Tag. Mit einer Neuen Lernkultur, Rhythmisierung des Tagesablaufs, Lernzeiten statt Hausaufgaben, kulturelle Bildung durch Kooperation mit außerschulischen Trägern u. a. kann sich das Lernen an ganztägig arbeitenden Schulen positiv verändern. Das „Mehr an Zeit“ erlaubt und ermöglichst neue Formen des Lehrens und Lernens. Schule als Lebensraum und Lebenswelt ernst zu nehmen bedeutet, dass das Lernangebot auch in sozialer und kultureller Hinsicht ausgebaut werden sollte. Somit sind Ganztagsschulen grundsätzlich Motoren der Schulentwicklung, dies wird auch daran deutlich, dass in den vergangenen Jahren der Deutsche Schulpreis regelmäßig an Ganztagsschulen vergeben wurde.
Lassen Sie mich aber auch noch etwas zur Ganztagsschulentwicklung in HESSEN
Ich möchte heute nicht auf die jahrelangen Versäumnisse hessischer Bildungspolitik in Sachen Ganztagsausbau aufzählen, sondern einen Blick in die Perspektiven der Zukunft werfen. Die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen vor einigen Jahren, festgehalten im Koalitionsvertrag, stimmten mich verhalten optimistisch, was die Weiterentwicklung der Ganztagsschule in Hessen anbetrifft. Hessen kehrt, wenn auch in sehr kleinen Schritten, wieder zur Ganztagsschule zurück. Die offenen Modelle sind jedoch nur Übergangserscheinungen. Sie haben perspektivisch keine Zukunft. Wir sehen in dem Koalitionsvertrag zum ›Ausbau von Ganztagsangeboten‹ eine Reihe von Forderungen des Ganztagsschulverbandes HESSEN durchaus erfüllt. Die Weiterentwicklung des PfN zum ›Pakt für den Ganztag‹ und der Möglichkeit, eines verpflichtenden Ganztages bis 14.30 zu entwickeln, entspricht inhaltlich unseren Forderungen.
Damit wird im Koalitionsvertrag festgesetzt, was einzelne Schulen bereits jetzt praktizieren, aber meist nicht die dafür benötigten Ressourcen erhalten. Nach unserem Verständnis sind aber auch Grundschulen, die ein verpflichtendes Angebot bis mindestens 14.30 Uhr mit anschließender freiwilliger kommunaler Betreuung durchführen, durchaus als Ganztagsschule zu bezeichnen. Damit die Grundschulen den von der Bundesregierung vorgesehenen ›Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter‹ erfüllen können, soll der Weg geöffnet werden.
„Dafür werden wir allen Grundschulen und Grundstufen von Förderschulen den Weg in den „Pakt für den Ganztag“ eröffnen und die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung stellen. Außerdem wollen wir den Schulträgern die Option eröffnen, die Einrichtung ganztägig arbeitender Schulen verbindlich in ihren Schulentwicklungsplänen zu regeln.“
Der Koalitionsvertrag zeigt, dass man die Ganztagsschulentwicklung durchaus vorantreiben und trotzdem noch am »Prinzip der Freiwilligkeit« festhalten kann. Insofern stellt der Vertrag ein kleiner Schritt in die Weiterentwicklung dar. Es bleibt aber zu hoffen, dass die notwendigen Ressourcen, die ja durchaus im hessischen Haushalt vorhanden sind/oder waren, tatsächlich auch freigegeben werden. Das Ziel ist allerdings noch zu unpräzise. Es wäre wünschenswert, wenn es auch einen Zeitplan gäbe, bis wann man das jetzige Ganztagsbetreuungssystem auf ein Ganztagsschulsystem umzustellen gedenkt.
So erfreulich die Absichten der neuen Landesregierung im Ausbau der Ganztagsschulen teilweise sind, sie sind ja auch längst überfällig, so gibt es aber keine Aussagen zu einer Verbesserung der Lehrerversorgung an hessischen Ganztagsschulen. Die GEW hat das mit Recht in einer ersten Stellungnahme kritisiert.
Laut der Studie von Klaus Klemm und Dirk Zorn im Auftrag der Bertelsmann Stiftung von 2016 hält Hessen im Bundesvergleich mit 22,4 zusätzlichen Zeitstunden an gebundenen Ganztagsgrundschulen in der Woche die höchsten zusätzlichen Stunden fest. Die Schulen allerdings erhalten laut Studie nur 5 zusätzliche Lehrerzeitstunden pro Klasse (Klemm/Zork, 2016, S. 28 und S. 30). Somit erhalten sie weit weniger als die Hälfte der notwendigen Stellen zur Abdeckung des Ganztagsangebots. Klaus Klemm vermerkt dazu:
„Die in den Erlassen dokumentierte Bereitschaft zur landesseitigen ergänzenden Ausstattung gebundener Ganztagsgrundschulen ist derart absolut betrachtet sehr aufschlussreich, denn sie verrät etwas über den intendierten politischen Willen und die Bereitschaft, für den Fall eines Ausbaus dieses Organisationsmodells die Schulen verlässlich und landeseinheitlich mit Personal zu versorgen. (Klemm/Zork, 2016, S. 30).“
Wenn es die Landesregierung tatsächlich ernst meint mit dem notwendigen Ausbau von gebundenen und rhythmisierten Ganztagsschulen, dann muss sie jetzt auch die erforderlichen Ressourcen den Schulen zur Verfügung stellen. Sonst braucht man sich nicht zu wundern, wenn viele Schulen sich nicht auf das Experiment »Ganztagsschule« einlassen wollen. Gute Ganztagsschulen brauchen ein engagiertes Kollegium, ein zielführendes Ganztags-Konzept und eine ausreichende zusätzliche Versorgung mit zusätzlichen Lehrern, weiteren pädagogischen und anderem Personal im Rahmen eines multiprofessionellen Teams. Das ist z. Z. in Hessen nicht gewährleistet.
Für Ganztgsschulen muss Schulgeldfreiheit gelten. Schulen dürfen nicht gezwungen sein, Beiträge zu kassieren, damit sie ihre Honorarkräfte bezahlen können. Besonders Grundschulen gehen verstärkt den Weg in die Ganztagsschule. Umso wichtiger erscheint es mir die Lehrerinnen und Lehrer an Grundschulen für das Engagement auch angemessen, nämlich endlich auch nach A13 zu honorieren. Auch das ist seit Jahren längst überfällig. Aber auch das übrige wichtige und notwendige Personal an Ganztagsschulen muss durch solide Verträge für ihre Arbeit angemessen bezahlt werden.
In der HR – Nachrichtensendung vom 17. 1. 2021: Zur Bilanz der Regierung nach einem Jahr erhält die Entwicklung zur geb. Ganztagsschule ein deutliches Minus: Auf Nachfrage im HKM soll gesagt worden sein, dass es dafür keine Nachfrage gäbe.
Die Bundesregierung will mit dem Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter (GaFöG) und der damit verbundenen Einführung des Rechtsanspruchs einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Bildungschancen durch mehr individuelle Förderung von Grundschulkindern sowie zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie leisten.
Der Rechtsanspruch soll jetzt 2026 kommen, nachdem der Bundesrat endgültig zugestimmt hat, müssten in Hessen noch 50.000 Plätze an Grundschulen geschaffen werden, so Kultusminister Lorz in einer Fragestunde am 6. Juli.
Nur 18,76% der hessischen Grundschulen nimmt am Pakt für den Nachmittag teil. Dies geht aus der Antwort auf unsere Kleine Anfrage „Ganztägig arbeitende Schulen im Schuljahr 2020/21“ hervor. Lediglich 12 von 1.200 Grundschulen sind in Profil 3 also rhythmisierte gebundene Ganztagsschulen. Angesichts dieser Zahlen wird deutlich, dass es für viele Eltern vom Zufall abhängt, ob sie bis zur Einführung des Rechtsanspruchs in Hessen einen Platz haben werden.
Sicher kennen viele von Ihnen den Abschlussbericht ›Evaluation Pakt für den Nachmittag‹ von Fischer/Kuhn. Die Autoren kommen zu durchaus interessanten Ergebnissen. Neben durchaus auch positiven Bewertungen im Rahmen der Evaluation, vor allem der Betreuungsaspekt für berufstätige Eltern, wird aber auch festgehalten:
-Finanzielle Belastung hält Eltern davon ab, ihr Kind im Pakt anzumelden, daher keine Auswirkungen auf mehr Chancengerechtigkeit durch den Pakt.
-Fischer/Kuhn empfehlen ein moderates verbindliches Ganztagsmodell bis 14.00 Uhr, damit Lernzeiten für alle Kinder zur Verfügung stehen.
Eine Empfehlung, die übrigens in Dänemark vor einigen Jahren für die Jüngeren Kinder bis Klasse 4 verbindlich festgelegt wurde. Die bis dahin freiwillige Angebote am Nachmittag hatten sich dort offensichtlich nicht bewährt.
Rolf Richter hat sich intensiv mit den Programmen der Parteien beschäftigt, was deren Aussagen zur Ganztagsschule betrifft. Die konservativ-bürgerlichen Parteien sprechen nur von Betreuung am Nachmittag und lassen den Begriff Ganztagsschule ganz weg. Es lohnt sich, die Ergebnisse im vorletzten Newsletter des Ganztagsschulverbandes nachzulesen.
Übrigens: In einer Presserklärung des VBE, GEW und deutschen Lehrerverbandes vom 30. 8. 21 werden eine Reihe von durchaus sinnvollen Vorschlägen unterbreitet, wie man die Folgen der Pandemie verringern kann. Das Thema Ganztagsschule wurde allerdings von keinem genannt.
Ich komme zum Schluss mit einigen Danksagungen
Dank an die vielen Workshop-Leiter/innen und anderen, die wir für diese Veranstaltung gewinnen konnten. Dank an die an künftige Vorstandsarbeit interessierten Kolleginnen und Kollegen, Dana Birk Stefanie Lange, Susanne Johann und Christian Bühler, die engagiert die heute Fachtagung inhaltlich mitgestalteten, besonders aber auch Dank an Rolf Richter, der uns in der Vorbereitung der Fachtagung durch seinen Sachverstand großartig unterstützt hat und die gesamten Anmeldungen für die Fachtagung entgegengenommen hat. Das war sicher eine Riesenarbeit. Vielen, vielen Dank lieber Rolf.
Dank an Dr. Volker Titel von der AfG, der diese Fachtagung mit sehr viel Sachverstand und der Verfügungstellung von Zoom mit vorbereitet hat.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch auf folgendes hinweisen.
Der Ganztagsschulverband versteht sich natürlich auch als Anwalt der Schulen, die ganztägig arbeiten oder ganztägig in Zukunft arbeiten wollen, also aller drei Profile. Wir wissen um die Nöte der Schulen vor Ort, die allergrößten Probleme haben, angesichts der geringen personellen und finanziellen Ausstattung ein attraktives Ganztagsangebot umzusetzen.
Erinnern wir uns, die Ganztagsschule ist die Schule der Zukunft, Sie alle arbeiten daher an einem Zukunftsprojekt, darauf können Sie auch stolz sein, auch wenn sie noch nicht im Profil 3 sind.
Für diese große Aufgabe sind - die Kräfte aller notwendig - vor allem Engagement der Pädagogen vor Ort, gemeinsam mit Schülern und Eltern.
Ein paar Worte noch in eigener Sache
Ich bin nun 18 Jahre Landesvorsitzender, damit 2 Jahre länger als Angela Merkel im Amt. Ich habe damals die Aufgabe in schwierigen Zeiten übernommen und möchte jetzt den Vorsitz in neue und jüngere Hände übergeben. Der Verband ist inzwischen außerordentlich gut aufgestellt. Wir werden wahrgenommen! Ich habe mich in den letzten Jahren verstärkt mit der Frage beschäftigt, wie es in Deutschland zu dem europäischen Sonderfall „Halbtagsschule“ überhaupt gekommen ist und habe in diesem Frühjahr auch darüber promoviert. Z. Z. arbeite ich an mehreren kleinen Bändchen zur Entstehung der Halbtagsschule in den Bundesländern. Zu Hessen habe ich mit Dr. Volker Titel als Herausgeber letztes Jahr auch einen Band publiziert. Titel: ›Ganztagsschule oder Halbtagsschule - Hessen– Zeitkonzepte vom Mittelalter bis in die Neuzeit.‹
Ich wünsche mir bei den am 6. Oktober stattfindenden Wahlen, dass neue Gesichter im Vorstand dem Landesverband auch neue Impulse geben und dass die erfolgreiche Arbeit der vergangenen Jahre weitergeführt wird.
Vielen Dank!
Vortrag:
Prof. Dr. Olaf-Axel Burow (Die Corona-Chance: Sieben Schritte zur „Resilienten Schule“)
► Download PPT des Vortrages gültig bis 03.10.2021
Dr. Guido Seelmann-Eggebert, Landesvorsitzender
►Download Einladung und Programm
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Aus dem hessischen Landtag
Wiesbaden im Juni 2021. In einer „Kleinen Anfrage“ der SPD im Hessischen Landtag vom 29.1. 2021 wurden 7 Fragen zur Ganztagsschulentwicklung von Kultusminister Prof. Lorz beantwortet.
Von Dr. Guido Seelmann-Eggebert, Landesvorsitzender Hessen
Vorbemerkung Fragesteller:
Im Schuljahr 2019/2020 arbeiteten 611 Schulen in Profil 1 und 224 Schulen in Profil 2. 109 Schulen arbeiteten als gebundene Ganztagsschulen in Profil 3. Insgesamt 253 Grundschulen und Grundstufen von Förderschulen nahmen am Pakt für den Nachmittag teil. 473 allgemeinbildende Schulen nahmen an keinerlei Ganztagsprogramm teil.
Im Schuljahr 2019/2020 nahmen 35.336 Schülerinnen und Schüler aus 26 Schulträgerbezirken in 253 Schulen am Pakt für den Nachmittag teil. An 28 Paktschulen wurden im Schuljahr 2018/2019 für die Zeit bis 14.30 Uhr Elternbeiträge erhoben, die sich landesweit zwischen 10 € und 89 € pro Monat bewegten. Für die Teilnahme an Bildungs- und Betreuungsangeboten in der Zeit nach 14.30 Uhr wurden gemäß der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 20/956 von 208 Paktschulen Elternbeiträge erhoben, die sich landesweit je nach Umfang der in Anspruch genommenen Leistungen zwischen 35€ und 170 € pro Monat bewegten.
Vorbemerkung Kultusminister:
Im laufenden Schuljahr 2020/2021 arbeiten insgesamt 1.225 Schulen im Landesprogramm. Dies sind 73 % aller Schulen der Primarstufe und der Sekundarstufe I. Insbesondere der Anteil der Grundschulen und verbundenen Grundschulen, die in einem Landesprofil arbeiten, konnte in den letzten Jahren enorm gesteigert werden. Zu Beginn des Schuljahres 2013/2014 nahmen 38 % aller Grundschulen und verbundenen Grundschulen an einem Ganztagsprofil teil. Im laufenden Schuljahr konnte der Anteil auf 64 % gesteigert werden. Bei der Teilnahme von Schülerinnen und Schülern an ganztägigen Angeboten belegt Hessen im bundesweiten Vergleich der Kultusministerkonferenz von 2018 den vierten Platz. Der Ausbau ganztägiger Angebote in Hessen ist auch das Ergebnis einer guten und stetigen Kooperation mit den Schulträgern. In den zurückliegenden, herausfordernden Monaten der weltweiten Coronapandemie haben sich die vielfältigen ganztägigen Angebote in den Schulen bestens bewährt und gezeigt, dass sie auch auf flexible Anforderungen und Bedarfe für die Einrichtung von Notbetreuungen Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:
Lesen Sie alle Fragen und Antworten im Wortlaut hier nach.
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Kommentar zum Gesetzentwurf zur Anpassung des HSG
von Dana Birk/ Stefanie Lang/ Susanne Johann, Landesverband Hessen
Wiesbaden 11.04.2021. Bei dem Gesetzentwurf fällt auf – wie bei vielen Aktionen des HKM in der Corona-Krise – dass wieder Schulen, die ganztägig arbeiten, nicht mitbedacht wurden.
In der „Richtlinie für ganztägig arbeitende Schulen in Hessen nach §15 HSG“ wird explizit die „Verzahnung von Unterricht, Ganztagsangeboten und anderen schulischen Vorhaben“ (2.2) gefordert.
Wir werden nicht müde, an dieses wichtige Vorhaben zu erinnern. Es ist die Basis, die für eine gute Ganztagsarbeit an Schulen von Seiten des HKM gelegt werden muss.
Gesetzlich verankerte Verzahnung von Unterricht und ganztägigen Angeboten
Wir brauchen, um die in den Curricula aufgezeigte ganzheitliche Bildung auch in der Coronakrise für alle Kinder und Jugendlichen gewährleisten zu können, besonders jetzt die konsequente Verzahnung von Unterricht und Ganztag.
Insbesondere im überfachlichen Bereich der sozialen und personalen Kompetenzen können digitale Angebote zwar medienbezogen bildungserweiternde Aspekte erfüllen, der Grad an ganzheitlicher Bildung gerät aber parallel dazu in Gefahr. Er verschmälert sich und gerät leicht in einen Korridor der rein digitalen Flexibilität, die sich nicht auf die Lebenswirklichkeit und Zukunft der Kinder und Jugendlichen übertragen lässt.
Aktuell und in den kommenden Monaten sind die Lehrkräfte notwendigerweise vor allem damit beschäftigt, mit den Jahrgangsstufen die Lernziele ihrer Fächer zu erreichen. Vor dem Hintergrund, dass soziale und personale Kompetenzen als Bedingung für eine erfolgreiche Lern- und Entwicklungslaufbahn gesehen werden, wird offenkundig, dass ihre breite schulische Förderung Basis der Chancengleichheit des Systems ist. Der Anspruch der Chancengleichheit in unserem Bildungswesen hat in der Coronakrise durch die mangelnde Förderung überfachlicher Kompetenzen einen Rückschritt erfahren und ist in einen Zustand der Zufälligkeit geraten.
Die Chance dafür, dass aus den Corona-bedingten Phasen der Schulschließungen kein Bildungsverlust in Bezug auf diese Kompetenzen, auf Chancengleichheit und auf Resilienz im Umgang mit zukünftigen Krisen wird, liegt in der konsequent manifestierten und nicht nur scheinbaren Verknüpfung von Unterrichts- und ganztägigen Angeboten.
Die ganztägige Förderung vor allem der überfachlichen Kompetenzen darf nicht länger nur unter „ferner liefen“ zu finden sein, sondern muss in den grundlegenden Gesetzen verankert sein.
Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung bis Jahrgangsstufe 6
Ab 2025 soll ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter bestehen.
Wenn diese Verknüpfung von Schule und Ganztag nicht auch auf gesetzlicher Ebene zu finden ist, werden viele Akteure von diesem Rechtsanspruch überrascht und überrollt. Dabei ist es jetzt eine gute Übung, in den Schulen mit dem endgültigen ganztägigen Denken zu beginnen.
Die vergangenen Monate der Notbetreuung haben auch gezeigt, dass diese Unterstützung ebenso für Familien mit Kindern bis zur Jahrgangsstufe 6 in den weiterführenden Schulen benötigt wird und der Rechtsanspruch um diese Stufen erweitert werden sollte.
Fazit
Es ist wichtig, dass der Ganztag mit all seinen Angeboten und Ausgestaltungen als Teil der Schule jetzt von Ministeriumsseite mitgedacht wird und nicht immer wieder auf Nachfragen und Hinterher-Steuern angewiesen ist. Das würde die Arbeit der schulischen multiprofessionellen Teams erleichtern und viele Menschen, die für die Kinder und Jugendlichen in den Systemen arbeiten, würden sich endlich wertgeschätzt fühlen.
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Save the date: 16.09.2021 Der Termin für die nächste Fachtagung steht fest
Wiesbaden, 05.10.2020. Nachdem die Fachtagung 2020 coronabedingt entfallen musste, steht nun ein Termin für die nächste Fachtagung fest:
Die Fachtagung und die Jahreshauptversammlung des Landesverbandes Hessen 2021 finden am 16.09.2021 an der Taunusschule (Kooperative Gesamtschule mit Oberstufe) in Bad Camberg statt.
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Aufruf zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes - Vorschläge für eine Gesetzesänderung im Hessischen Schulgesetz §15
Wiesbaden, 22.08.2020. Die Einführung der Halbtagsschule auch an Grundschulen vor ca. 100 Jahren war eine bildungs- und sozialpolitische besonders aber eine pädagogische Fehlentwicklung in Deutschland und in Hessen, ›gefördert‹ und ›unterstützt‹ durch die Not nach Ende des 1. aber auch 2. Weltkrieges, fehlenden Schulraums und fehlenden Lehrern. Diese ›Notsituation‹ ist seit mindestens 50 Jahren weitestgehend bereits beendet. Aktuell bestehende räumliche und personelle Engpässe können behoben werden. Trotzdem ist man bisher nicht wieder zur Ganztagsschule zurückgekehrt. Auf die Gründe soll hier nicht näher eingegangen werden.
Inzwischen ist besonders durch die schlechten Ergebnisse bei PISA 2000 eine erneute Diskussion zur Wiederbelebung der Ganztagsschule entfacht. Der Ausbau von Ganztagsangeboten wurde verstärkt aufgenommen, allerdings als sozialpolitische Maßnahme in Form überwiegend freiwilliger Angebote bzw. Betreuungsangebote am Nachmittag, ohne dass die grundsätzliche Struktur der Halbtagsschule verändert wurde. Besonders die Ergebnisse der StEG-Studien haben deutlich gemacht, dass zwar die Vereinbarkeit von Schule und Berufstätigkeit von Eltern verbessert wurde, es aber zu keinem Abbau von Bildungsungerechtigkeit kam und die Leistungsschere nach wie vor weit auseinander liegt. Inzwischen hat sich nach der neuen Bildungsstudie 2020 der Anteil der Schüler*innen ohne Hauptschulabschluss wieder erhöht. Gerade die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Schule und besonders die Ganztagsschule für Kinder und Jugendliche ist.
Ab 2025 soll es einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen geben. Dies sollte jedoch nicht so verstanden werden, dass ab 2025 lediglich Halbtagsschulen mit freiwilliger Nachmittagsbetreuung angeboten werden.
Um einer erneuten bildungspolitischen und pädagogischen Fehlentwicklung entgegenzuwirken, fordert der Ganztagsschulverband Hessen daher eine Gesetzesinitiative zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Platz an einer gebundenen und rhythmisierten Ganztagsgrundschule bis mindestens 14.30 Uhr in Weiterentwicklung des Paktes für den Nachmittag/Ganztag.
Die Stundentafel laut Hess. Schulgesetz sollte ergänzt werden durch Lernzeiten, Bildungs-, Betreuungs-, und Freizeitangebote auch in Kooperation mit außerschulischen Bildungsträgern. Der Tagesablauf wird entsprechend rhythmisiert mit Unterrichts-, Bildungs-, und Freizeitangeboten am Vor- und Nachmittag. Die Mittagspause sollte ein gemeinsames warmes Mittagessen als Teil des pädagogischen Konzeptes beinhalten.
In den Jahrgangsstufen 1 - 4 finden verbindliche Unterrichts-, Bildungs-, und Freizeitangebote bis mindestens 14.30 Uhr statt. An diese gemeinsame, gebundene Kernzeit sollten sich ab 14.30 Uhr dann offene Bildungs- und Betreuungsangebote bis mindestens 16.00 Uhr anschließen, die freiwillig, jedoch nach Einwahl verbindlich besucht werden können. Je nach Bedarfslage können sich dann noch Randbetreuungen (Früh- und Spätbetreuung) anschließen.
Der Bedarf an Ganztagsangeboten wird auf 80 bis 90% geschätzt. Allein dieser hohe Bedarf rechtfertigt ein Ganztagskonzept, nach dem alle Kinder einer Grundschule bis mindestens 14.30 Uhr verbindlich und rhythmisiert gemeinsam lernen, spielen und soziale Erfahrungen machen. Das pädagogische Ganztagskonzept muss den Vor- und Nachmittag sinnvoll miteinander verknüpfen. Phasen der An – und Entspannung sollten sich abwechseln und den für Kinder so wichtigen Bildungsaspekt durch Unterricht und durch außerunterrichtliche Angebote begleitet durch qualifiziertes Personal in multiprofessionellen Teams sicherstellen.
Im Rahmen eines verbindlichen Konzeptes bis 14.30 Uhr bleibt noch genügend Zeit für außerschulische Aktivitäten in Sportvereinen, Musikschulen u.a. außerhalb der Schulzeiten, für diejenigen, die die offenen Angebote nicht nutzen möchten.
In der Umsetzung sollte mit der Grundschule ab 2021 mit Klasse 1 und 2 oder auch mit allen Klassen begonnen werden. Die in den Jahrgängen 5 und 6 in fast allen Regionen massiv steigenden Zahlen der Anmeldungen zeigen, dass eine schrittweise Erweiterung des Konzeptes auf die Klassen 5 und 6 wünschenswert wäre.
Der Landesverband Hessen im Ganztagsschulverband e.V. sieht in der Stellungnahme des Bundesverbandes vom 20. 08. 2020 zum aktuellen Stand der Debatte um den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter die Grundlage für den Antrag des Landesverbandes.
Guido Seelmann-Eggebert, Vorsitzender des Landesverbandes HESSEN, Ganztagsschulverband e.V.
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"Ganztagsschule als Regelschule" - Presseerklärung des Landesverbandes zum Leitartikel im Wiesbadener Kurier vom 06.07.2020
Wiesbaden, 07.07.2020.
Der Ganztagsschulverband Hessen unterstützt die Forderung von Friedrich Roeingh nach einem Systemwechsel in Hessen hin zur rhythmisierten Ganztagsschule in gebundener Konzeption an allen Schulen Hessens, vor allem an Grundschulen.
Gerade auf dem Hintergrund der Pandemie wurden die Schwächen des Bildungssystems in Hessen sichtbar. Natürlich ist die Ganztagsschule nicht familienfeindlich, wie die Forschungsergebnisse der letzten Jahre gezeigt haben. In der StEG-Studie (Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen) wurde nachgewiesen, dass Kinder und Eltern sich sogar besser verstehen, wenn die Kinder eine Ganztagsschule besuchen. Schule wurde in Deutschland, wie in anderen europäischen Staaten, immer ganztägig geführt. Erst vor ca. 100 Jahren wurde die Halbtagsschule in Deutschland, nicht aus pädagogischer Einsicht, sondern u.a. auch eingeführt, damit die Jugendlichen am Nachmittag in Kriegsvorbereitung durch Exerzieren und sportliche Betätigung eingestimmt werden sollten. Kaiser Wilhelm II. hatte 1890 dazu eine unrühmliche Rede gehalten. Der ‚Sonderweg‘ Deutschlands in die Halbtagsschule war eine bildungspolitische, sozialpolitische und pädagogische Fehlentwicklung, deren Folgen heute noch sichtbar sind.
Das deutsche Bildungssystem ist einer Studie der Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Nina Kolleck von der Freien Universität Berlin zufolge erheblich von sozialen Ungleichheiten auf verschiedenen Ebenen geprägt.
Es gebe allerdings Maßnahmen, mit denen soziale Ungleichheiten vermindert werden könnten. Zu besonders vielversprechenden Konzepten zählen der Studie zufolge Ganztagsschulen, Bildungsverbünde sowie Initiativen zur Optimierung der Übergänge von der Grundschule in die Sekundarschule. "Es spricht viel dafür, dass die Umsetzung dieser Konzepte dazu beitragen kann, die Chancengerechtigkeit im deutschen Bildungssystem zu verbessern."
Die neuerdings festgestellte Zunahme von Kindern ohne Bildungsabschluss müsste ein Alarmsignal sein.
Mit Ganztagsangeboten an Schulen ist es aber nicht getan. Sie führen zu keiner grundlegenden Veränderung, sondern sind lediglich eine Ergänzung der Halbtagsschule, um Eltern die Berufstätigkeit zu ermöglichen.
Mit dem gegenwärtig dominierenden offenen Organisationsmodell, d. h. einer freiwilligen Teilnahme der Schülerinnen und Schüler, können die pädagogischen Möglichkeiten einer flexiblen Zeitorganisation über den ganzen (Schul-)Tag nicht hinreichend ausgeschöpft werden. Eine so wichtige Rhythmisierung des Tagesablaufs ist somit kaum möglich. Allerdings brauche es auch Gelder für die verlässliche Schule nicht nur am Vormittag, sondern auch am Nachmittag, wenn regulärer Unterricht am Nachmittag erteilt wird, damit ggf. reguläre Ausfallstunden mit Fachpersonal und nicht mit externen Aushilfskräften oder sogar pädagogisch unausgebildeten Personen durchgeführt würde, wie der 1. Vorsitzende, Guido Seelmann-Eggebert in seiner Stellungnahme, abschließend feststellt.
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Neuerscheinung in der Reihe Schulgeschichtliche Abhandlungen der Akademie für Ganztagspädagogik, ein Buch des hessischen Landesvorsitzenden zur Schulgeschichte in Hessen:
Wiesbaden/Hiltpoldstein 02.06.2020.
GANZTAGSSCHULE ODER HALBTAGSSCHULE?
Zeitkonzepte in Hessen vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert
Bd. 2 der Reihe Schulgeschichtliche Abhandlungen
Guido Seelmann-Eggebert
ISBN: 978-3-946109-25-9 • 136 Seiten, zahlr. Abbildungen, 14.95 Euro
Zu den aktuell wichtigsten bildungspolitischen Entwicklungen gehört der Ausbau von Ganztagsangeboten in allen Schulformen. Wie aber sah früher ein Schultag aus – wann fing der Unterricht an, wie lange dauerte eine Schulstunde, wann war die Schule zu Ende? Anhand von zahlreichen Beispielen und Originalstundenplänen verfolgt der Band die wechselvolle Geschichte unterschiedlicher schulischer Zeitkonzepte in Hessen und der Debatten darum.
► Rezension lesen (Kristina Bartak-Lippmann)
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Offener Brief an das Hessische Kultusministerium zur Abwicklung der Abrechnung der Ganztagsmittel
Wiesbaden, 21.04.2020.
An das HKM,
Frau MR Cornelia Lehr,
„Abwicklung der bewilligten Zuwendungen für das Schuljahr 2019/2020 im Bereich der ganztägigen Angebote/Pakt für den Nachmittag in Folge des Coronavirus“ (26.03.2020) des hessischen Kultusministeriums.
Stellungnahme des Ganztagsschulverbandes e.V. Hessen:
Sehr geehrte Frau Lehr,
Mit dem Aufkommen der Corona-Pandemie und der damit verbunden Schulschließungen können auch die Angebote des Ganztags nicht im gewohnten Maße stattfinden.
Der hessische Ganztagsschulverband bewertet die zeitnahe Anpassung der „Abwicklung der bewilligten Zuwendungen für das Schuljahr 2019/2020 im Bereich der ganztägigen Angebote/Pakt für den Nachmittag in Folge des Coronavirus“ (26.03.2020) des hessischen Kultusministeriums positiv und sieht darin u.a. eine zumindest ansatzweise Gewährleistung der Qualitätsstandards ganztägig arbeitender Schulen in Hessen.
Hessische Schülerinnen und Schüler bekommen die schulischen Aufgaben momentan weitgehend über digitale Wege vermittelt. Diese neuen digitalen Wege des Schulunterrichts bergen viele Chancen, aber auch Risiken in sich. Nicht jede Schülerin bzw. jeder Schüler hat Zugang zu einem Computer oder Smartphones; es gibt Familien, die Sprachschwierigkeiten haben, deren Muttersprache nicht Deutsch ist und es kann nicht immer gewährleistet werden, dass die Lehrkräfte alle Schülerinnen und Schüler erreichen. Hinzu kommt, dass Eltern ihre Kinder beim Homeschooling nicht immer unterstützen können. Sowohl die häusliche Ausstattung mit der digitalen Hardware, wie auch die digitalen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler sind unterschiedlich und nicht jede Schülerin bzw. jeder Schüler ist in der Lage, selbstständig und strukturiert zu arbeiten. Solche Fähigkeiten sind bei Schülerinnen und Schülern, die leistungsstärker sind, häufig ausgeprägter vorhanden. Digitales Lernen kann deshalb zu einer Verstärkung der Chancen-Ungleichheit führen. Laut der jüngsten Veröffentlichung der nationalen Akademie der Wissenschaften, Leopoldina, ist zu befürchten „…dass die Krise in Deutschland, ohnehin stark ausgeprägte soziale Ungleichheit in Bezug auf Zugänge zu Betreuung und Unterricht sowie in Bezug auf Lernleistungen und Bildungserfolge verstärkt…“ (Dritte Ad-hoc-Stellungnahme: Coronavirus Pandemie – Die Krise nachhaltig überwinden, Leopoldina, Halle, 13. 04. 2020).
Dem gegenüberzustellen ist die Veröffentlichung im hessischen Amtsblatt 05/18, wonach die Angebote von ganztägig arbeitenden Schulen in Hessen, die Heterogenität der Schülerschaft berücksichtigen, das Förderkonzept der Schule miteinbeziehen und die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen stützen sollen.
(vgl. https://hessisches-amtsblatt.de/wp-content/plugins/pdf-viewer/stable/web/viewer.html?file=/wp-content/uploads/online_pdf/pdf_2018/05_2018.pdf)
Die am 26.03.2020 veröffentlichten Hinweise und geänderten Vorgaben sind ein positives Beispiel dafür, dass ministeriale Beschlüsse, die sich nah am Alltag der Schulen halten, in unterstützender Weise auf die sinnvolle Verausgabung von Landesmitteln einwirken können und darüber hinaus selbst in Krisenzeiten als Motor für Qualitätsmaßnahmen wirken können.
Im aktuellen Fall gibt das Kultusministerium ganztägig arbeitenden Schulen Spielräume, die es einerseits ermöglichen, zuverlässigen und zum Teil langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, neben dem Einsatz in der Notbetreuung, die Arbeit im Schulalltag zu erhalten. Sie bieten aber auch Freiräume, um in Zeiten der Schulschließung, im Sinne der Qualitätsmerkmale ganztägig arbeitender Schulen, die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler zu unterstützen.
Ganz besonders wichtig ist es, dabei zu betonen, dass durch die aktuellen Anpassungen, das, als gefährdet bezeichnete Qualitätsmerkmal der Chancengleichheit, durch Ganztagsmittel gefördert werden kann. Es ist z. B. möglich, Ganztagsmitarbeiter einzusetzen, die anbieten, einzelne Schülerinnen und Schüler telefonisch oder per Chat oder Videokonferenz bei den Schularbeiten zuhause zu begleiten. Das kann sogar so weit gehen, dass, wie zum Beispiel an der Taunusschule in Bad Camberg, eine tägliche Begleitung in abgestimmten Zeiträumen, die einen rhythmisierten Tagesablauf fördert, angeboten werden kann. So können Schülerinnen und Schüler durch ihnen bekannte, im Umgang mit schulischen Aufgaben erfahrene, Ganztagsmitarbeiter dabei unterstützt werden, in Zeiten der Schulschließung, zuhause Strukturen selbstständigen Lernens und Arbeitens zu entwickeln.
Die Hinweise des Kultusministeriums helfen den hessischen Schulen mit ganztägigem Angebot, Sicherheit für die Abwicklung der Angebote zu erhalten und weiterhin, wenn auch beschränkt, im Sinne der Qualitätsmerkmale ganztägig arbeitender Schulen zu arbeiten.
Mit freundlichen Grüßen
G. Seelmann-Eggebert,
(Landesvorsitzender)
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Die Fachtagung des Ganztagsschulverbandes Landesverband Hessen am 13. Mai 2020 in Raunheim muss leider entfallen
Wiesbaden, 26.03.2020
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sofern Sie sich für unsere Fachtagung am 13. 5. 2020 in Raunheim angemeldet oder Interesse an der Teilnahme haben, müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass diese Fortbildung auf Grund der der derzeitigen Gesundheitskrise ausfällt. Das HKM hat alle Lehrerfortbildungsveranstaltungen bis zu den Sommerferien abgesagt. Wer sich bereits zur Fachtagung angemeldet hat, muss sich jetzt nicht mehr abmelden. Wir bedauern die Absage sehr, weil wir uns schon mit viel Mühe und Arbeit darauf vorbereitet haben. Aber es sind eben auch besondere Zeiten. Falls es uns gelingen sollte, die Fachtagung auf den kommenden Herbst zu verschieben, werden wir Sie rechtzeitig darüber informieren. Aber zurzeit können wir dazu nichts festlegen. Wir bitten um Verständnis.
Wir wünschen Ihnen alles Gute und bleiben Sie vor vor allem gesund!
Herzliche Grüße
Guido Seelmann-Eggebert
Landesvorsitzender des Ganztagsschulverbandes HESSEN
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Modellprojekt »inklusive gebundene Ganztagsgrundschule bis 14.30 Uhr«
Stellungnahme des Landesverbandes Hessen
Wiesbaden, 29.02.2020
(Foto copyright darmstadt.de)
Einen interessanten und bisher einmaligen Weg geht der »Bildungsbeirat der Bildungsregion Darmstadt & Darmstadt-Dieburg« in Südhessen. Er plant einen Antrag zu einem Modellprojekt »inklusive gebundene Ganztagsgrundschule bis 14.30 Uhr in der Bildungsregion Darmstadt & Darmstadt-Dieburg«.
► Lesen Sie hier die Stellungnahme des Landesverbandes Hessen.
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Von der Ganztagsschule zur Halbtagsschule in Hessen
Wiesbaden, 24.10.2019
In der SchulVerwaltung, Fachzeitschrift für Schulentwicklung und Schulmanagement für Hessen und Rheinland-Pfalz 24. Jg. 10/2019 erschien ein Aufsatz von Guido Seelmann-Eggebert, der die historische Entwicklung von der Ganztagsschule zur Halbtagsschule in Hessen thematisiert.
Guido Seelmann-Eggebert schreibt zur Entstehung der Halbtagsschule in Hessen:
Wer die aktuellen Diskussionen und Entwicklungen der Pädagogik verstehen will, sollte auch ihre Entstehungsgeschichte und Entwicklung kennen. Albert Reble schrieb, dass "die historische Pädagogik ihre Legitimation darin findet, dass die Gegenwart in ihrer Vielschichtigkeit, ihren Spannungen und Vielschichtigkeiten (,,,) auch im pädagogischen Bereich (...) nicht zu verstehen ist, wenn man nicht weiß (...), wie sie aus der Vergangenheit herausgewachsen ist." (Reble 1965 S.12). Die heute noch vielfach in Deutschland übliche Halbtagsschule ist ein historisch neues Phänomen aus dem 19. Jahrhundert.
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Stellungnahme des Landesverbandes Hessen zum Ganztagsausbau in Hessen
Hessen, 29.06.2018
In einer Presseerklärung vom 19. Juni 2018 betont Kultusminister Lorz: „Wir haben so viele Anträge zum Ganztagsausbau genehmigt wie nie zuvor.“
Im Wahljahr 2018 stellt sich Lorz selbst ein hervorragendes Ergebnis beim Ausbau ganztägig arbeitender Schulen aus. So wird erwähnt, dass 25 von 33 Schulträgern mittlerweile am Pakt für den Nachmittag teilnehmen. Er vergisst aber dabei zu sagen, dass zu Beginn der Legislaturperiode die Absicht bestand, dass alle Schulträger bis zum Ende der Legislaturperiode am Pakt für den Nachmittag teilnehmen und auch möglichst alle Grundschulen in den Pakt gehen. Davon sind wir aber in Hessen allerdings weit entfernt. Lediglich ca. 20% der Grundschulen nehmen im Schuljahr 2018/2019 am PfN teil. KM Prof. Dr. Lorz hebt hervor, dass mehr als 70% der Schülerinnen und Schüler in Hessen Ganztagsangebote in Anspruch nehmen können. Auch dies trifft nicht zu, weil viele Schulen besonders im Profil 1 und auch im PfN gar nicht in der Lage wären, allen Schülern ein Ganztagsangebot zu gewähren. Dafür reicht sowohl die räumliche als auch die personelle Kapazität vieler Grundschulen nicht aus.
Somit wird aber die Wahlfreiheit der Eltern erheblich eingeschränkt. Lorz betont auch, dass inzwischen 107 Schulen gebundene Ganztagsschulen sind. Davon sind aber über 50% Förderschulen und lediglich 5-7 Grundschulen. Ein Gymnasium ist überhaupt nicht dabei. Dabei wäre es durchaus wünschenswert, wenn Gymnasien auch eine echte Ganztagsklasse hätten, damit Eltern auch hier eine Wahlfreiheit gewährt würde. Sicher hat sich in der vergangenen Legislaturperiode in Richtung Ganztagsentwicklung in Hessen etwas getan. Der Rückstand gegenüber den anderen Bundesländern war erheblich, besonders im Grundschulbereich, wo Hessen zuletzt einen letzten Platz im Vergleich der Bundesländer belegte. Der Schwerpunkt der Entwicklung in Hessen liegt aber nach wie vor beim Ausbau von Schulen mit Ganztagsangeboten und nicht von Ganztagsschulen. Damit kommt man zwar dem Wunsch vieler Eltern nach Betreuung am Nachmittag entgegen aber es ist kein Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit von Kindern und einer wünschenswerten Verbesserung von Schülerleistungen. In einem Interview mit der E & W machte der Dortmunder Bildungsforscher WILFRIED BOS deutlich: „Der quantitative Ausbau der Ganztagsschulen habe zwar für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf viel gebracht…Für mehr Bildungsgerechtigkeit brauche der Ganztag aber deutlich mehr Qualität.“
BOS sieht erheblichen Verbesserungsbedarf und stellt fest: „Wirklich erfolgreich sind nur die gebundenen Modelle, bei denen alle Kinder an den Angeboten teilnehmen – mit Rhythmisierung des Unterrichts und Förderung durch gut ausgebildetes Personal.“ [1]
Laut IFO Institut von 2015 wünschen sich inzwischen über 50% der Eltern für ihr Kind eine rhythmisierte Ganztagsschule in gebundener Konzeption. Hessen kann jedenfalls diesen Elternanspruch nicht erfüllen. Wir wünschen uns daher von einer künftigen Landesregierung, dass sie den Schwerpunkt der Ganztagsschulentwicklung auf den Ausbau von rhythmisierten Ganztagsschulen in gebundener Konzeption legt.
Guido Seelmann-Eggebert, Landesvorsitzender Hessen
[1] Bos, Wilfried; Interview mit K. Irle; in: Erziehung und Wissenschaft; 7/8 Ausgabe 2017, S. 10.