Grundsatzpositionen des Ganztagsschulverbands e.V.
- Wir stehen für eine ganztägige, ganzheitliche, kindgerechte Schule, die bildungsgerecht und chancengleich Zukunftskompetenzen vermittelt.
- Das gelingt unserer Meinung nach am besten an einer verbindlichen, gebundenen, rhythmisierten Ganztagsschule, die mit ausreichenden Ressourcen ausgestattet ist und auf Grundlage eines gemeinsam erstellten und gelebten pädagogischen Konzepts arbeitet.
- Für uns ist eine gute Ganztagsschule ein Lern- und Lebensraum, ein Ort des Zusammenlebens und des Miteinanders, die nur mit multiprofessionellen Teams und verschiedenen pädagogischen Perspektiven gelingen kann.
- Wir verstehen uns als Interessenvertretung für alle Akteure an allen Formen ganztägig arbeitender Schulen, deren Kooperationspartnern sowie für Eltern, Erziehungs- und Sorgeberechtigte. Wir arbeiten zusammen mit kommunalen und ministerialen Verwaltungen und Aufsichten, mit Akteuren aus der Wissenschaft und Aus- und Weiterbildung, mit jugend- und bildungspolitischen Akteuren sowie Organisationen, Verbänden und Initiativen mit ähnlichen Zielsetzungen.
- Wir unterstützen die Etablierung und Weiterentwicklung von ganztägig arbeitenden Schulen. Diese ist geprägt von den jeweiligen Bedingungen vor Ort, gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen sowie Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung. Dafür bieten wir Vernetzung, Informationen, Ideen und Beratung an.
- Wir stehen für eine offene, demokratische, pluralistische und inklusive Bildung.
Die Ergebnisse der zahllosen Ganztagsschulstudien zeigen, dass eine verbindliche Teilnahme der Schüler:innen an schulischen Angeboten einer ganztägig arbeitenden Schule einen größeren Spielraum in der zeitlichen und pädagogischen Gestaltung von Lerngelegenheiten (informelle, formelle und non-formale) über den Tag ermöglicht. Ganztagsschulen können zu einem höheren Bildungserfolg und mehr Bildungsgerechtigkeit beitragen und bieten Eltern, Erziehungs- und Sorgeberechtigten größtmögliche Verlässlichkeit und Entlastung.
14 Forderungen, die sich aus unseren Grundsatzpositionen ergeben
Vor diesem Hintergrund fordern wir
- … die konsequente Orientierung des Ganztags an den UN-Kinderrechten und dem Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen unter Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse und Lebenswelten.
- … eine grundsätzliche Veränderung der Lernkultur an ganztägig arbeitenden Schulen hin zu individualisierten, differenzierten, inklusiven, partizipativen, beziehungsorientierten, lernseitigen, nachhaltigen und erweiterten (kooperativen) Bildungssettings.
- … ein qualitativ hochwertiges, bedarfsgerechtes, gesundes und kostenfreies Mittagessen, mindestens nach DGE-Standards, das in ein ganzheitliches Ernährungskonzept eingebettet ist.
- … die aktive, altersgerechte Beteiligung der Kinder und Jugendlichen an Planungs-, Konzeptions- und Entscheidungsprozessen rund um den Ganztag sowie die systematische und proaktive Partizipation von Eltern, Erziehungs- und Sorgeberechtigten als Partner in der Bildungs- und Betreuungsarbeit.
- … eine kostenfreie, wohnortsunabhängige Teilnahmemöglichkeit am Ganztag über acht Zeitstunden an fünf Tagen in der Woche sowie einen Rechtsanspruch auf eine ganztägige Förderung bis mindestens einschließlich Klasse 7 oder zum vollendeten 14. Lebensjahr.
- … verbindliche, landesrechtlich verankerte Qualitätsstandards für Ganztagsschulen und alle gleichwertigen Einrichtungen, die gemeinsam mit Vertreter:innen aus Wissenschaft, Fachverbänden, Arbeitnehmer:innenvertretungen und Praxis zu erarbeiten sind. Die auf Landesebene bereits vorhandenen Qualitätsrahmen und die von der Kultusministerkonferenz 2023 vorgestellten Empfehlungen zur Qualität an Ganztagsgrundschulen sind flächendeckend umzusetzen.
- … eine angemessene Sicherung der notwendigen zeitlichen, personellen, sächlichen und räumlichen Ressourcen in allen ganztägig arbeitenden Schulen durch die politisch Verantwortlichen. Der Ganztagsschulverband unterstützt daher Forderungen aus Politik und Gesellschaft nach einem Sondervermögen für Bildung im Umfang von mindestens 100 Milliarden Euro, das an ein zweites „Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung“ (IZBB) zu koppeln ist.
- … die unbedingte Behebung des massiven Sanierungsstaus an unseren Schulen und Ganztageseinrichtungen. Gute Ganztagsschulen müssen auch architektonisch zu inklusiven und kindgerechten Lern- und Lebensräumen mit einer hohen Aufenthaltsqualität werden, die den vielfältigen Bedürfnissen und Ansprüchen aller Beteiligten über den ganzen Tag hinweg entsprechen. Dafür müssen die Schulbauverordnungen der Bundesländer um den erweiterten Raum- und Flächenbedarf des Ganztags ergänzt werden.
- … eine bedarfsgerechte Personalausstattung, die den individuellen Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen und zugleich pädagogischen Grundprinzipien (beispielsweise hinsichtlich der Gruppengrößen) entspricht. Dazu gehören sichere Arbeitsverhältnisse, angemessene Entlohnung, ausreichend Zeitkontingente (u.a. für Kooperationszeiten) und Anrechnungsstunden für Lehrkräfte, Fachkräfte und (pädagogische) Mitarbeitende.
- … die Einrichtung, Finanzierung und Verankerung der Themen Ganztag und multiprofessionelle Kooperation als Querschnittsthemen in der Aus-, Fort- und Weiterbildung aller Professionen und Personengruppen.
- … den flächendeckenden Aufbau von Unterstützungs-, Beratungs- und Begleitungssystemen zum Thema Schulentwicklung und Ganztag in allen Bundesländern.
- … die organisatorische und finanzielle Unterstützung neuer Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich der Ganztagsbildung sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene.
- … die systematische Erfassung aller ganztagsrelevanten Daten in den amtlichen Statistiken von Kommunen und Ländern als Grundlage einer kontinuierlichen Qualitätssicherung und -entwicklung, die neben den notwendigen Investitionen und Sachausgaben u.a. auch den tatsächlichen Personalbedarf aufzeigen.
- … die Aufhebung des Kooperationsverbots im gesamten Bildungsbereich.
Frankfurt, Juni 2024