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Schulen warnen: Kaum Geld und Zeit für Kulturelle Bildung

München, 21. November 2024
Der Zugang zu Kultureller Bildung hängt extrem stark vom sozialen und finanziellen Status der Familien in Deutschland ab. Das ergab eine Umfrage des Ganztagsschulverbandes e.V. unter den rund 500 Teilnehmenden am Ganztagsschulkongress „Kulturelle Bildung mit Ganztag“ im November 2024.

Der Wert Kultureller Bildung ist unbestritten. Sie trägt dazu bei, die Welt zu verstehen und zu verändern, Unterschiedlichkeit als Normalität zu erleben, die eigene Identität zu entwickeln und Perspektivwechsel zu erfahren. Umso erschreckender, dass der Zugang zu Kultureller Bildung für Kinder und Jugendliche nach wie vor eng vom sozialen und finanziellen Status abhängt.

Dass dies so ist, glauben 90 Prozent derjenigen, die sich an einer Umfrage des Ganztagsschulverbandes zur Kulturellen Bildung unter den Teilnehmenden am Ganztagsschulkongress „Kulturelle Bildung mit Ganztag“ vom 17. bis 20. November in der Alten Kongresshalle München beteiligt haben. Weniger als ein Prozent der Befragten sehen wenig Zusammenhang zwischen Teilnahme an der Kulturellen Bildung und Elternhaus. Gleichzeitig gaben 99 Prozent an, den Zugang zu Angeboten Kultureller Bildung für Kinder und Jugendliche als ausgesprochen wichtig oder zumindest wichtig einzustufen.

Es mangelt an Personal, Zeit und Geld

Trotz dieser Einschätzung kann es den (Ganztags-)Schulen in Deutschland noch nicht ausreichend gelingen, Angebote Kultureller Bildung im Ganztag durchzuführen. Zu diesem Fazit kommt die aktuelle Umfrage. Als wesentliche Ursache dafür sehen knapp 59 Prozent die fehlenden personellen Ressourcen für die Planung und Umsetzung von Kooperationen in der regionalen Bildungslandschaft. Mehr als ein Viertel der Befragten (26,16 Prozent) gab zudem an, kein oder zu wenig Geld für derartige Kooperationen nutzen zu können. Stellvertretend für die zahlreichen Statements der Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmer hier eine kleine Auswahl:

  • „Die finanziellen Mittel sind sehr schlecht, somit auch die personellen Ressourcen.“
  • „Oft mit viel Aufwand verbunden, teilweise zu teuer.“
  • „Im ländlichen Raum gibt es nicht genug personelle Ressourcen.“
  • „Fehlende Zeit, umfangreiche Anträge zu stellen.“

An Ideen, wie Kulturelle Bildung in der Ganztagsschule eingebracht und gestärkt werden könnte, mangelt es den Befragten nicht. Darunter befinden sich konkrete Vorschläge und Hinweise auf Schwierigkeiten, wie z.B. begrenzte Projektfinanzierungen:

  • „Die Kulturelle Bildung sollte vor allem Einzug in die naturwissenschaftlichen Fächer halten, um allen Kindern den Zugang zu diesen Inhalten leichter verständlich zu machen.“
  • „Insbesondere musikalische Angebote im Ganztag müssen mehr implementiert, forciert und aktiv angeboten werden.“
  • „Es könnten zweckgebundene Sondermittel nur für Instrumente oder Musikkurse zur Verfügung stehen.“
  • „Es gab schon viele tolle Projekte wie ‚Musik macht stark‘ oder ‚JeKi‘. Sie wurden leider alle nicht dauerhaft angeboten.“
  • „Es wäre doch schön so eine Art ‚Kultur auf Rädern‘ zu haben. Das mobile Angebot könnte sicher viele Ganztagsschulen erreichen, die ein knappes Budget zur Verfügung haben.“
  • „Aus der Schule rauskommen und den Sozialraum entdecken ist wichtig und erweitert die Perspektive der Kinder.“
  • „Kulturelle Bildungslandschaften mit einer externen vermittelnden Instanz könnten das Problem, dass keine personellen Ressourcen zur Planung vorhanden sind, lösen.“
  • „Kulturelle Bildung, ob im Ganztag oder ganz generell, darf nicht zum unbezahlten Hobby von Ehrenamtlichen werden. Sie gehört in die Hand von Menschen mit entsprechenden Expertisen und entsprechender Bezahlung.“
  • „Mitarbeitende der kulturellen Einrichtungen (z. B. museumspädagogischer Dienst) sollten kostenfrei/-günstig an die Schulen kommen.“

Kein Mangel an Willen und Kreativität

Die Aussagen der Befragten sprechen nach Ansicht des Ganztagsschulverbandes e.V. Bände. „Sie dokumentieren die Bereitschaft und den sehnlichen Wunsch der an Ganztagsschulen Tätigen, der Kulturellen Bildung mehr Raum bieten zu können. An Ideen und Kreativität mangelt es sicher nicht, leider aber an den personellen und finanziellen Ressourcen“, betont Eva Reiter, die 1. Bundesvorsitzende des Ganztagsschulverbandes e.V.

Der Ganztagsschulverband ist überzeugt, dass Kulturelle Bildung im Ganztag einen wichtigen Bestandteil der ganzheitlichen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen darstellt. Eva Reiter: „Die Chancen sind vielfältig. Durch kulturelle Aktivitäten lernen sie sich auszudrücken, Probleme auf kreative Weise zu lösen und ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Darüber hinaus fördert kulturelle Bildung im Ganztag auch die soziale Kompetenz der Schüler:innen, da sie in kreativen Projekten häufig im Team arbeiten und einander unterstützen müssen. Kulturelle Bildung im Ganztag bietet die Chance, die Kooperation schulischer und außerschulischer Akteure und dadurch die Verschränkung formaler und non-formaler Ziele und Methoden zu stärken.“

„Bund und Länder müssen endlich für die ausreichenden Rahmenbedingungen sorgen, damit die Ganztagsschulen ihren Beitrag zur Kulturellen Bildung ihrer Bedeutung angemessen realisieren können. Denn Kulturelle Bildung stärkt auch das Demokratieverständnis junger Menschen. Ein Aspekt, vor dem wir angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und mitunter bedenklichen Haltungen gegenüber Mitmenschen die Augen nicht verschließen dürfen“, hebt Dr. Volker Titel, Vorsitzender des Landesverbandes Bayern des Ganztagsschulverbands e.V., hervor.

Die Grundsatzpositionen des Ganztagsschulverbandes e.V.

In diesem Zusammenhang weist der Ganztagsschulverband e.V. auf seine Grundsatzpositionen hin. Er fordert u.a.:

  • eine angemessene Sicherung der notwendigen zeitlichen, personellen, sächlichen und räumlichen Ressourcen in allen ganztägig arbeitenden Schulen durch die politisch Verantwortlichen. Der Ganztagsschulverband unterstützt daher Forderungen aus Politik und Gesellschaft nach einem Sondervermögen für Bildung im Umfang von mindestens 100 Milliarden Euro, das an ein zweites „Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung“ (IZBB) zu koppeln ist.
  • eine bedarfsgerechte Personalausstattung, die den individuellen Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen und zugleich pädagogischen Grundprinzipien (beispielsweise hinsichtlich der Gruppengrößen) entspricht. Dazu gehören sichere Arbeitsverhältnisse, angemessene Entlohnung, ausreichend Zeitkontingente (u.a. für Kooperationszeiten) und Anrechnungsstunden für Lehrkräfte, Fachkräfte und (pädagogische) Mitarbeitende.
  • die Einrichtung, Finanzierung und Verankerung der Themen Ganztag und multiprofessionelle Kooperation als Querschnittsthemen in der Aus-, Fort- und Weiterbildung aller Professionen und Personengruppen.

Weitere Informationen zu den Grundsatzpositionen und Forderungen des Ganztagsschulverbandes

Infos zum Kongress „Kulturelle Bildung mit Ganztag“

Beispiele, wie Kulturelle Bildung im Ganztag gelingen kann, zahlreiche Schulbesuche, Fachvorträge sowie die Möglichkeit, sich auszutauschen und zu vernetzen bot der Kongress „Kulturelle Bildung mit Ganztag“ vom 17. bis 20. November 2024 in der Alten Kongresshalle München. Er wird vom Ganztagsschulverband e.V. in Kooperation mit der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e.V. veranstaltet.

https://www.ganztagsschulkongress2024.de/

Mit freundlichen Grüßen und der Bitte um Berichterstattung
Eva Reiter, 1. Bundesvorsitzende des Ganztagsschulverbandes e.V.

Rückfragen und Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 

 

Termine

12.12.2024 18:00 - 20:00 Uhr
Ort: online
11.02.-15.02.2025
Ort: Stuttgart
24.-26.09.2025
Ort: Frankfurt am Main

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