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Kurzinterview: Schulverpflegung im Ganztag in Hessen – Was Eltern wissen sollten

Reinheim, 06.07.2025
Ein Gespräch mit Stefanie Lange, Vorsitzende des Landesverbandes Hessen im Ganztagsschulverband e.V., über Zuständigkeiten, Handlungsmöglichkeiten und häufige Missverständnisse rund um das Thema Mittagessen an Ganztagsschulen in Hessen.
Frage: Frau Lange, immer wieder erreichen uns Anfragen von Eltern, die sich über die Qualität des Mittagessens an Ganztagsschulen sorgen. Warum ist das Thema so schwierig?

Stefanie Lange: Das liegt vor allem an den sehr unterschiedlichen Zuständigkeiten. Viele Eltern gehen verständlicherweise davon aus, dass das Kultusministerium oder die Schule selbst direkt Einfluss auf das Essen nehmen kann. Tatsächlich ist das aber im föderalen System anders geregelt. Das Ministerium in Hessen beispielsweise finanziert zwar die Ganztagsprofile wie Profil 1, 2, 3 oder den Pakt fpr den Nachmittag (PfdG), aber für das Mittagessen ist der Schulträger zuständig – in den meisten Fällen also die Stadt oder der Landkreis. Diese wählen den Caterer aus und legen die Qualitätsstandards fest. Die Bezahlung wiederum übernehmen die Eltern.

Frage: In einer aktuellen Anfrage schilderte eine Mutter aus Hessen, dass in ihrem Landkreis kein Caterer nach den Standards der DGE arbeitet. Sie fragt sich, wie das sein kann, wenn die Schule dennoch die Ganztagsförderungerhält. Können Sie das erklären?

Stefanie Lange: Ja, das höre ich immer wieder. Die Wahrheit ist: Die DGE-Standards, also die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, sind in vielen Kommunen nicht verpflichtend. Häufig wird in den Ausschreibungen formuliert, das Essen solle sich „an den DGE-Standards orientieren“. Das ist ein großer Unterschied zur verbindlichen Umsetzung. Das hat auch mit wirtschaftlichen Faktoren zu tun: Caterer, die die Standards vollständig einhalten, sind oft teurer – und es gibt Regionen, in denen solche Anbieter kaum verfügbar sind. Das führt zu dieser Diskrepanz, die Eltern zu Recht irritiert.

Frage: Die Mutter schilderte außerdem, dass ihr Kind aufgrund von Lebensmittelallergien das Mittagessen nicht essen kann und eigenes Essen mitnehmen möchte, sich damit aber als Außenseiter fühlt. Was raten Sie betroffenen Familien in solchen Situationen?

Stefanie Lange: Zunächst einmal: Ich verstehe die Sorge sehr gut. Gesundheitliche Einschränkungen dürfen nicht dazu führen, dass Kinder sozial ausgeschlossen werden. Deshalb empfehle ich immer, frühzeitig das Gespräch mit der Schulleitung und der Standortkoordination zu suchen. Auch der Elternbeirat kann ein wichtiger Partner sein. An vielen Schulen gibt es bereits gute Lösungen, zum Beispiel, indem das Mitbringen von eigenem Essen normalisiert wird. An meiner Schule bringen etwa die Hälfte der Kinder eigenes Essen mit – dort ist das völlig unproblematisch. Aber das muss pädagogisch begleitet werden. Wenn das nicht gelingt, entsteht leider genau das Gefühl des „Sich-ausgegrenzt-Fühlens“, das die Mutter beschreibt.

Frage: Die Mutter hat sich auch gefragt, ob es sinnvoll ist, sich direkt an das Kultusministerium zu wenden. Würde das etwas bringen?

Stefanie Lange: Leider nein. Das Hessische Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen – kurz HMKB – wird ihr inhaltlich genau das sagen, was ich hier auch erkläre: Für die Organisation und Qualitätskontrolle der Schulverpflegung ist in Hessen der Schulträger, also in diesem Fall derLandkreis verantwortlich. Das Ministerium kann hier nicht direkt eingreifen. Deshalb ist der erste Schritt immer das Gespräch vor Ort, über die Schule, die Betreuungseinrichtungoderden Elternbeirat.

Frage: Kann der Ganztagsschulverband in solchen Fällen konkret helfen?

Stefanie Lange: Wir können die Situation vor Ort natürlich nicht unmittelbar verändern. Aber wir bieten unseren Mitgliedern Informationen, Vernetzung und Austausch. Gerade der Austausch mit anderen Eltern, Schulen oder auch engagierten Trägern kann helfen, um gemeinsam auf Verbesserungen hinzuarbeiten. Zudem bringen wir das Thema auf politischer Ebene immer wieder zur Sprache. Wer möchte, kann über eine Mitgliedschaft bei uns von diesen Angeboten profitieren.

Frage: Haben Sie zum Abschluss noch einen praktischen Tipp für betroffene Eltern?

Stefanie Lange: Ja – nicht aufgeben, sondern aktiv das Gespräch suchen. Auch wenn es manchmal mühsam ist: Veränderungen entstehen am ehesten durch kontinuierlichen Austausch an der Schule selbst. Gleichzeitig kann es sinnvoll sein, sich regional oder über unseren Verband zu vernetzen. Nur gemeinsam können wir die Qualität des Ganztags – auch beim Mittagessen – nachhaltig verbessern.

Herzlichen Dank für das Gespräch, Frau Lange.

Das Gespräch führte Christoph Bülau, Geschäftsführer des Ganztagsschulverbands e.V.

Termine

21.11.2025
Ort: Gregor-Mendel-Gymnasium Amberg (Bayern)
24.-26.09.2025
Ort: Frankfurt am Main
20.11.2025, 18:00 - 19:30 Uhr
Ort: Online

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